
Jan Schneider ist Historiker und Archivar. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in einem Dorf am Stadtrand. Jan hat etwas vor sich, von dem niemand etwas weiß: Er muss die Akten des Auswärtigen Amtes des Jahres 1991 bearbeiten – das Jahr, das sein Leben als Zehnjähriger von Grund auf verändert hat. Er kann plötzlich nicht mehr auf Geschichte blicken, ohne seine eigene darin zu sehen. Dann trifft der zögerliche Jan auf Enni van der Bilt, Notrufdisponentin einer Feuerwehrleitstelle. Enni ist das Gegenteil von Jan: Sie packt an, will Dinge verändern. Sein Zögern ist ihr fremd. Doch vom ersten Moment an haben die beiden eine Verbindung, ohne dass sie zunächst sagen können, worin diese besteht …
»Wenn eine Feuerwehrfrau auf einen Archivar trifft, kann es wie in diesem Roman passieren, dass die Eiszeit Feuer fängt und namenlose Inseln die Zeit anhalten.« Annett Gröschner
»In Michaela Maria Müllers Text findet sich Gegenwart und Historie, Geschichte und Naturgeschichte, Privates und Gesellschaftliches kunstvoll zu einem Gobelin verknüpft, einem Zeitteppich, der zugleich das Handlungsfeld der Figuren ist.« Jan Kuhlbrodt
»Alles ist jetzt.“ Der Zufall führt Regie, als Jan und Enni sich treffen, Entscheidungen sind es, die sie auf neue Lebensbahnen führen. Zonen der Zeit ist eine sensible Mediation über die Zeit und eine große Ermutigung, sein eigenes Jetzt im Leben zu finden.« Katrin Lange
Cornelia Geißler in der Berliner Zeitung Berlin als große Schwester am 7. August 2024:
»Stunden, Jahre, Jahrzehnte spielen in dem Roman an eine wichtige Rolle. Und bei Enni, der einen von zwei Erzählstimmen, verlangt der Arbeitstag höchste Aufmerksamkeit gar im Sekunden- oder Minutentakt. Sie ist in einer süddeutschen Kleinstadt Gruppenführerin bei der Freiwilligen Feuerwehr und nimmt Notrufe in der Leitstelle entgegen. Jan, der andere Erzähler, der im Wechsel mit ihr an der Reihe ist, arbeitet als Zeithistoriker beim Auswärtigen Amt. Er sichtet Akten, um eine jährliche Auswahl der interessantesten Dokumente zusammenzustellen. (…) Die Autorin bringt die Stimmen in Balance und dem Roman die Chance nachzuklingen.«
Birgit Fuss im Rolling Stone 7/2024:
»Michaela Maria Müller kommt diesen zwei Menschen ohne zu viele Worte sehr nahe – gerade ihre ruhige, unaufdringliche Art, die Figuren zu durchleuchten, ohne sie je bloßzustellen, hat etwas Berührendes, das sich schwer greifen lässt und umso länger nachwirkt.«
Robin Passon in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Innere Aktenfreigabe am 13. November 2024:
»Die Leichen aus dem Keller der familiären Vergangenheit ans Tageslicht zu befördern ist ein Topos, der die Autorin Michaela Maria Müller nach Mitterndorf auch in ihrem aktuellen Roman Zonen der Zeit umtreibt. Die nur knapp 140 Seiten starke Geschichte wird abwechselnd von den Protagonisten Jan und Enni erzählt, die sich an einer Tankstelle kennenlernen. Er ist verheirateter Vater zweier Kinder und ein verschlossener Historiker, sie eine geradlinige junge Frau, die ihre Tatkraft in der örtlichen Feuerwehr einbringt. Mit dieser Grunddisposition – verklemmter Mann trifft auf entschlossene Frau – entscheidet sich Müller für eine altbekannte Figurenkonstellation als Triebfeder ihres Romans, doch anders als üblich nutzt sie diese nicht dazu, ihre Charaktere vorzuführen. Frei von Komik nimmt sie beiden in ihren Unzulänglichkeiten und Qualitäten ernst, kontrastiert sie in ihrer Unterschiedlichkeit und lässt vor allem Jan an der Direktheit Ennis wachsen.«
Hauke Harder auf Leseschatz:
»Ein stiller Roman, der in der Feinheit ganz viel zu erzählen hat.«
Alexander Carmele auf Kommunikatives Lesen:
»In seiner Essenz schließt Zonen der Zeit von Michaela Maria Müller an Cees Nootebooms Allerseelen an, und zwar in vielerlei Hinsicht. Auch in Zonen der Zeit geht es um das Ende des Kalten Krieges, um das Ende der Geschichte wie es Francis Fukuyama 1992 ausrief. Nootebooms Figuren laufen durch das noch von der Teilung gezeichnete Berlin, und Müllers Jan lässt die Auflösung, den Abzug, den Niedergang der Sowjetunion Revue passieren. Enni als Name erinnert an Elik, und Enni van der Bilt deutet auf einen niederländischen Hintergrund, zudem noch in Zonen der Zeit über die Farbe Orange spekuliert wird, was wiederum auf Eliks Nachnamen Oranje hindeutet. In beiden Romanen versuchen zwei vorsichtige Menschen einen gemeinsamen Weg zu finden, und beide Romane thematisieren explizit Walter Benjamins Geschichtsphilosophie:
Der Engel blickte einfach durch mich hindurch, auf etwas anderes, das größer war als ich. Ich ließ ihn durch mich hindurchschauen. Den Mittelpunkt seines Körpers bildete ein Schlüssel, als ob es das Herz wäre, nur auf der Höhe des Brustbeins. Um diesen Schlüssel herum war die Zeichnung orange schattiert. Als ich genauer hinsah, bemerkte ich, dass die Schattierung die Form eines Hauses hatte. »Nach Paul Klee, 1920«, stand darunter.
»Was macht ein Engel an der Tür von deinem Kiosk?«, wollte ich wissen.
Jan wie Nootebooms Arthur Daane sind Archivare. Sie wollen etwas von der Geschichte aufbewahren, für die Nachwelt erhalten und verlieren den Überblick dabei. Sie verlieren sich und ihre Gefühle aus den Augen, sich und ihre Maßstäbe, ihre Interessen, ihre Intuition und Inspiration.
Wir schauen und machen [das Leid] gleichzeitig unsichtbar. Und trotzdem muß es irgendwo bleiben. Es sickert in deinen geheimen Archivschrank ein, schleicht sich in den Keller deines Computers. Was glaubst du, [Arthur], wohin deine Bilder gehen? Du machst sie doch nicht für den luftleeren Raum? Und auch du willst, daß es möglichst gut aussieht, schließlich bist du Fachmann. Die Ästhetik des Grauens. Und wir dürfen nicht darüber sprechen, alles, was man sagt, ist ein Klischee.
Cees Nooteboom aus: „Allerseelen“«
Bestellbar im Webshop des Quintus Verlags.