
„Der Apotheker beugte sich während des Vorstellungsgesprächs unvermittelt über die aufgeschlagene Bewerbungsmappe auf dem Schreibtisch und fragte, ob sie wisse, dass sie schöne Rehaugen habe. Ihr wurde schlecht, als sein schweißglänzendes Gesicht plötzlich so nah vor dem ihrem war, und sie hielt die Atem am. Dann stand sie mit einem Ruck auf, holte tief Luft und fragte ihn, ob er wisse, was ihr Vorname bedeute. Als er nichts antwortete, schleuderte sie ihm entgegen: ‚Theresa bedeutet Jägerin‘, woraufhin er sich mit versteinerter Miene in den Bürostuhl zurückfallen ließ, sie ihm die Bewerbungsmappe unter seinen Händen wegzog und sein Büro verließ.“
April 1986. Die siebzehnjährige Resa arbeitet bei ihrem Vater auf dem Fischerhof, einem der letzten verbliebenen Bauernhöfe in der Gegend. Sie will den Hof nicht übernehmen, hat jedoch keine Ahnung, wie sie das ihrem Vater beibringen soll. Seit Kurzem haben sie einen neuen Nachbarn, Lothar Görlich, der mit Oskar Wolf im Austragshaus gegenüber lebt und mit einer einzigen Kuh eine Rinderzucht mit Uckermärkern aufbauen will, einer Rasse, die in der DDR für die Fleischproduktion gezüchtet wurde. Resa interessiert sich sehr dafür, doch im Dorf stoßen allein die Pläne auf Ablehnung. Als es im sowjetischen Atomkraftwerk Tschernobyl zum Super-GAU kommt und der Fallout auch der Landwirtschaft in Deutschland schweren Schaden zuzufügen droht, setzt sich die Erkenntnis durch, dass neue Zeiten anbrechen. Anhand alter Dokumente erfährt Resa endlich mehr über die Vergangenheit des Hofes und ihre Familie und der schweigsame Vater beginnt, sich den Fragen seiner Tochter zu stellen.
Michaela Maria Müller: Mitterndorf, 216 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag, ISBN 978-3-96982-040-7; €22,00 (D)/ €22,60 (A), auch als E-Book erhältlich. Erschienen im März 2022 im Quintus Verlag, bestellbar.
Vergangene Termine:
Im Stadtsalon Safari in Wittenberge am 29. April 2022, 19.30 Uhr.
In der Buchhandlung Subtext am 23. Juni 2022, Sparkassenplatz 4, 85221 Dachau, 19.30 Uhr.